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Raumfahrt

Voyager 1: Riskanter Düsenwechsel rettet Uralt-Sonde

Verstopfte Leitung gefährdete Erdpeilung der 47 Jahre alten Raumsonde

Voyager-Sonde
Die für die Ausrichtung der Raumsonde Voyager 1 nötigen Antriebsdüsen waren verstopft. Daher musste die NASA einen stillgelegten Düsensatz reaktivieren – mit hohem Risiko. © NASA/JPL-Caltech

Noch mal gut gegangen: Beinahe hätte die 47 Jahre alte Raumsonde Voyager 1 nicht mehr die Erde anpeilen können – sie wäre verstummt. Doch der NASA ist es nun gelungen, das Problem mit der für die Erdausrichtung zuständigen Antriebsdüse in einer riskanten Operation zu beheben: Weil eine der Zuleitungen dieses Triebwerks verstopft war, musste eines der lange stillgelegten, ausgekühlten Lage-Triebwerke diese Aufgabe übernehmen. Das Problem: Die geringen Stromreserven von Voyager 1 reichten nicht für das Aufheizen.

Die beiden im Jahr 1977 gestarteten Voyager-Sonden sind unsere fernsten Außenposten im All – sie haben den interstellaren Raum jenseits unseres Sonnensystems erreicht und liefern von dort einzigartige Daten. Doch die 47 Jahre im Weltall sind nicht spurlos an den beiden Sonden vorbeigegangen. Schon mehrfach musste die NASA auf Ersatzsysteme umschalten und kreative Lösungen finden, um Defekte im alternden Bordcomputer oder den Manövrierdüsen zu umgehen.

Weil auch die Energievorräte zur Neige gehen, hat die NASA ihren Voyager-Sonden zudem ein Sparprogramm verordnet, das die Lebensdauer ihrer essenziellen Systeme und einiger wichtiger Instrumente verlängern soll.

Voyager-Aufbau
Um Daten zu übermitteln, muss die 3,70-Meter große Antennenschüssel der Voyager-Sonde genau auf die Erde zeigen. Diese Ausrichtung übernehmen spezielle Antriebsdüsen. © NASA

Ablagerungen in den Treibstoffleitungen

Jetzt gibt es ein neues Problem: Damit die Voyager-Sonden ihre lange Antenne auf die Erde ausrichten und „nach Hause telefonieren“ können, müssen sie ihre Lage mithilfe kleiner Positionierungsdüsen anpassen. Diese mit flüssigem Hydrazin gespeisten Triebwerke korrigieren die Ausrichtung der Sonde mithilfe von mehreren, jeweils nur wenige Millisekunden dauernden Schüben. Ursprünglich hatte Voyager 1 drei Sätze dieser Mini-Düsen an Bord, zwei für die Lageregelung und einen für die Kurskorrekturen.

Doch im Laufe der Zeit haben sich Ablagerungen in den Treibstoffleitungen gebildet, die die Funktion der Düsen beeinträchtigen. Bereits 2002 wechselte die NASA wegen beginnendem „Clogging“ der Positionierungsdüsen auf den zweiten Satz, 2018 erfolgte dann der Wechsel zum dritten Set, den eigentlich zur Kurskorrektur gedachten Düsen.

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Erneuter Düsenwechsel nötig

Nun ist auch der dritte Düsensatz von Voyager 1 verstopft. „Die Kurskorrektur-Düsen sind sogar noch stärker zugesetzt als die beiden eigentlich zur Lagekontrolle gedachten Düsensätze“, berichtet die NASA. Vom ursprünglichen Innendurchmesser von rund 0,25 Millimetern sind bei den Leitungen nur noch 0,035 Millimeter übrig – weniger als der halbe Durchmesser eines menschlichen Haares. Um einem kompletten Ausfall der Düsen vorzubeugen, hat sich die NASA daher nun dazu entschieden, doch wieder auf einen der beiden anderen, weniger stark zugesetzten Düsensätze zu wechseln.

Doch dieser Wechsel ist mit einem hohen Risiko verbunden: „Das Umschalten auf ein anderes Düsen-Set wäre 1980 oder selbst noch 2002 eine einfache Sache gewesen. Aber das Alter der Raumsonde stellt uns vor neue Herausforderungen“, erklärt Voyager-Projektmanagerin Suzanne Dodd vom Jet Propulsion Laboratory (JPL). „Bei allen Entscheidungen ist nun sehr viel mehr Vorsicht geboten als früher.“ Der Grund: Weil Voyager 1 kaum noch Energie hat, kann jeder Stromverbrauch den Ausfall eines der essenzielen Systeme nach sich ziehen.

Operation geglückt – Voyager 1 kann wieder peilen

Genau hier liegt die Schwierigkeit: Damit die stillgelegten Düsen wieder reaktiviert werden können, müssen sie vorgeheizt werden. „Die Energiereserven von Voyager 1 sind aber so gering, dass die Triebwerksheizung nur dann genügend Strom bekommt, wenn wir dafür etwas anderes ausschalten“, berichtet die NASA. Alle jetzt noch laufenden Systeme sind jedoch essenziell und daher eigentlich nicht ausschaltbar. Bei den wissenschaftlichen Instrumenten besteht zudem die Gefahr, dass sie nach einem vorübergehenden Ausschalten nicht mehr angehen.

Nach wochenlangen Berechnungen und Tests am Boden haben die NASA-Ingenieure nun eine Lösung gefunden: Sie ermittelten, dass das geringste Risiko besteht, wenn sie eines der Hauptheizungsaggregate von Voyager 1 für eine Stunde ausschalten, während sie die Düsen vorheizen.

Am 27. August 2024 war es dann soweit: Die NASA initiierte die riskante Operation – mit Erfolg. Der Düsenwechsel ist gelungen und Voyager 1 kann nun wieder die Erde anpeilen – zumindest vorerst. Denn auch im nun reaktivierten Düsensatz gibt es bereits Ablagerungen. „Das Missionsteam arbeitet aber daran, die Voyager-Sonden so lange wie möglich in Betrieb zu halten, damit sie weiterhin de interstellare Umgebung erkunden können“,

Quelle: NASA/ Jet Propulsion Laboratory

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